Ein weiterer Meilenstein in der Tätigkeit des Verbandes Polnischer Germanisten war der internationale Kongress „Deutsche Sprache und Germanistik in Mitteleuropa“, der vom 10. bis 12. Oktober 1996 in Warschau stattfand. Die Idee des Kongresses entstand knapp drei Jahre zuvor bei einer Sitzung des SGP-Vorstands, zum einen aufgrund der Tatsache, dass germanistische Institute in den Ländern des ehemaligen kommunistischen Blocks nach 1989 mit ähnlichen Problemen und Schwierigkeiten zu kämpfen hatten , und andererseits aufgrund des großen Bedarfs an Erfahrungsaustausch und fachlicher Diskussion angesichts der Gemeinsamkeiten (aber auch Unterschiede) in der jahrhundertelangen Rolle der deutschen Sprache und Kultur in Mittel- und Osteuropa.
Auf Einladung des Vereins kamen daher Germanisten nicht nur aus Polen und Deutschland, sondern aus fast 20 europäischen Ländern nach Warschau, darunter Österreich, Tschechien, Slowakei, Ukraine, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien, Bosnien, New Jugoslawien und Albanien, um über den Stand der deutschen Wissenschaftsdisziplinen in ihren Ländern, die Besonderheiten der Aufgaben und Ziele der Auslandsgermanistik, die Aussichten für die Entwicklung gegenseitiger Kontakte und die Festlegung von Bereichen für gemeinsame Aktivitäten zu diskutieren. Die Teilnehmer des Kongresses trafen sich am ersten und letzten Tag zu gemeinsamen Plenarsitzungen, während der zweite Tag in vier parallelen Sektionen Diskussionen zu ausgewählten Problemen einzelner deutscher Wissenschaftsdisziplinen gewidmet war.
Die Plenarsitzungen am ersten Kongresstag befassten sich mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft der deutschen Sprache in Mitteleuropa. Während des Treffens ging es auch um Themen wie die spezifische Dimension der Präsenz und Rolle der deutschen Sprache und Germanistik in einer bestimmten Region, bezogen auf die politische Situation in Vergangenheit und Gegenwart, oder die Stellung des Deutschen als Fremdsprache in der Bildung eines bestimmten Landes. Andererseits ging es im zweiten Kongressplenum um die Rolle der Germanistik, insbesondere der Auslandsgermanistik, im Prozess der europäischen Integration und der Entwicklung der internationalen Beziehungen.
Die Sektionssitzungen konzentrierten sich auf ausgewählte Forschungsprobleme der Germanistik, Kulturwissenschaft, Linguistik sowie Glottodidaktik und Translationswissenschaft. Es ist an dieser Stelle unmöglich, das gesamte Spektrum der während dieser Diskussionen aufgeworfenen Forschungsprobleme auch nur kurz aufzuzählen. Für Interessierte können wir jedoch den 1998 erschienenen Nachbereitungsband mit dem Titel „Deutsch und Auslandsgermanistik in Mitteleuropa. Geschichte – Stand – Ausblicke“, die über 60 während des Kongresses gehaltene Vorträge sowie Redetexte von Ehrengästen des Kongresses, Vertretern der Bildungsbehörden und des diplomatischen Korps Polens und Deutschlands sowie den Text der Schlussresolution enthielt verabschiedet von den Teilnehmern der Tagung, die richtungsweisend für künftige Aktivitäten im Bereich Forschung und Lehre in hochschuldeutscher Sprache sind.
Ausländische Gäste verließen Warschau sehr zufrieden mit dem Kongress und mit der festen Überzeugung, dass ähnliche Treffen dringend benötigt werden. Daher war geplant, weitere internationale Konferenzen in anderen mitteleuropäischen Ländern zu organisieren. Bisher ist es jedoch keiner der Europastudien in Europa gelungen, ein ähnliches Unterfangen zu verwirklichen wie die Polenstudien und insbesondere der Verband der Polnischen Germanisten, dem der Kongress zweifellos ein Verdienst war.